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15
Jun
2005

Morbit Tales VII


Preisbloggen 2005

Bevor ich jetzt wieder einen Trend verpasse an dem sich anscheinend alle beteiligen, nur ich nicht, beteilige ich mich auch mal schnell daran. Mit Weblogs Geld verdienen. Ach so. Also echtes Preisbloggen ab jetzt.
Wenn mir jemand erzählt das man mit Bloggen Geld verdienen kann, dann komme ich mir immer ein wenig wie auf einer Tupperparty vor. Da nimmt man ja auch aus Raffgier das Begrüßungsgeschenk mit und kauft dann evt. noch aus Verlegenheit ein oder zwei von den unnützen Plastikdingern. Das System Tupperparty funktioniert ausschließlich im Bekannten- und Freundeskreis. Und wenn man sich die Sache mal näher anschaut, dann sogar mehr schlecht als recht.
Was Preisbloggen nun mit Tupperpartys zu tun hat? Mir graut es vor dem Tag an dem ich eine Mail (o.ä.) erhalte in der steht "Hey! Ich habe ein Blog. Schau doch mal vorbei. Und wenn du schon da bist, klick doch auch gleich mal auf eins der Banner/AdSense". Na wer würde da nicht schon aus reiner Freundschaft sich mal eben die 5 Minuten Zeit nehmen (wenn man doch eh grade online ist) und ins Blog schauen. Ach ja, und Banner klicken.
Das Spielchen erinnert mich an alte Zeiten als man auf seiner "privaten" Homepage mindestens ein Banner oben und ein Banner unten hatte. Und dann gab es da den Linktausch. Man tauschte die Links zu seinen Hompages wie andere Leute ihre Visitenkarten. Ehrensache das man dann natürlich auch mal eben oben und unten auf das Banner klickte. So hat man sich vor 2-3 Jahren die Homepage gegenseitig finanziert. Da gab es aber pro Bannerklick auch noch bis zu 2 Euro. Wenn man jetzt 10-20 Cent pro
Bannerklick bekommt, dann kann man froh sein. Google hat deswegen AdSense erfunden. Da stimmen die Preise noch. Noch! Wie die Verdienstaussichten mit AdSense in 1-1.5 Jahren aussehen, werden wir sehen wenn 10 oder 20 Millionen Internetseiten mit AdSense zugepflastert und die ersten AdSense-Blocker-Plugins in Mode sind.

Arme Sau
Der Schockwellenreiter legt die Karten auf den Tisch. Jörg Kantel schreibt das er mit seinem Blog ca. 255 Euro pro Monat verdient. Alleine mit Werbung, dass aber auch bei bis zu 200tsd Pageviews. Abzüglich diverser Unkosten würden ihm dann noch 180 Euro übrig bleiben (vor oder nach Steuern??).
Jörg Kantel gibt aber auch zu das er sich nicht sonderlich um Werbung kümmert. Bei ihm steht das Bloggen im Vordergrund. Unverschämtheit von dem Mann das er sich dann darüber beschwert das es unterm Strich einen Stundenlohn von ca. 2 Euro ergibt. Hey! Ein bolivianischer Kaffeepflücker pflückt den ganzen Tag für Eduscho&Co Kaffeebohnen und bekommt auch nicht mehr als 2 Euro. Pro Tag, nicht pro Stunde.
Aber es ist ja klar woran sein Umsatz krankt. Der Mann schöpft einfach nicht jede Einnahmequelle aus. Was kann man da nicht noch alles machen? T-Shirts, Kaffeetassen, Postkarten, Taschen, usw. Ich überlege mir grade ob ich Benefiz-T-Shirts mit nebenstehendem Bild und der Bildunterschrift "Arme Sau" drucken lassen soll. Den gesamten (!) Erlös (ca. 10 Cent / T-Shirt) würde ich natürlich ohne Abzüge Herrn Kantel zukommen lassen. Natürlich könnte man auch noch Sponsoring-T-Shirts
drucken lassen. Gleiches Bild, anderer Text: "GANZ arme Sau". Die biete ich zum doppelten Preis von 26 Euro an, der Erlös geht dann aber nur noch fiffty-fiffty an Herrn Kantel. Genug gelästert.

Die Frage bleibt: Kann man mit Weblogs Geld verdienen?
Die Antwort ist recht kurz und bündig: Nein (ausnahmen bestätigen die Regel).

Man kann mit Büchern, CDs und Veranstaltungen Geld verdienen. Aber der Traum vom Easy Money mit dem Internet ist wohl schon so alt wie das Internet selber. Und bis jetzt auch nur für ganz wenige wahr geworden.
Die Idee ist aber auch zu verlockend. Ein Computer, etwas Zeit, etwas Webspace und ab geht die Luzie. Die Investitionen tendieren gegen Null da das meiste an Material schon vorhanden ist (PC, KnowHow, Personal [1-Mann-Firma]). Das schönste an diesen Märchen ist ja die Vorstellung das dass Meiste von ganz alleine läuft. Steht das Web-Projekt erstmal, dann benötigt es nur noch etwas Pflege und ein Update hier und da. Bei einem Weblog ist es sogar noch einen Tick verlockender. Denn gebloggt wird
sowieso, warum dann nicht auch damit Geld verdienen?
Weil keiner ein Produkt kauft das es woanders günstiger oder gar umsonst gibt. Sobald jemand in seinem Weblog Premium-Content gegen Bezahlung anbietet, wird es zwei andere geben die das gleiche besser machen und dann auch noch umsonst. Es ist wie der Drache den man einen Kopf abschlägt und sofort wachsen zwei neue nach. Am Ende ist es nur eine Frage der Zeit bis die Premium-Content-Blogger am ausgestreckten Arm verhungern.

Die FAZ hat ihr Online-Angebot für die "Frankfurter Allgemeine Sontagszeitung (FAS)" vor kurzem umgestellt. Konnten Abonnenten der FAZ auch online die FAS lesen, müssen diese nun ebenso dafür bezahlen wie Nicht-Abonnenten. Wie viele FAZ-Abonnenten nun auch noch extra für die FAS bezahlen, wird wohl auf Ewig das Geheimnis der FAZ bleiben. Warum die FAZ umgestellt hat und damit das Risiko eingegangen ist sich viele Leser zu vergraulen, dürfte
klar sein. Einzig und alleine wegen den Kosten. Denn die Online-Angebote der Printmedien sind durch die Bank weg Zuschussgeschäfte. Kein SpOn ohne Spiegel am Kiosk. Keine Bild-Online ohne Bild aufm Klo. Dabei zeigen grade SpOn und Bild-Online was die Online-Ausgaben wirklich sind: Resteverwertung und Redaktionsmüll.
Google-News sichtet laut eigenen Angaben täglich 700 Quellen. Gartner Groups hat aber schon vor langem heraus gefunden, das die 700 Quellen ihre Informationen aus maximal 5 Nachrichtenagenturen beziehen. Man kann also überall mehr oder minder das gleiche lesen. Wöchentlich erscheinende Zeitungen müssen aus dem täglichen Angebot aus Nachrichten auswählen, deswegen schafft nicht jede Nachricht den Sprung in die Print-Ausgabe. Und selbst ein allwissendes Blatt wie die Bild kann nicht alles aus den
Nachrichtenagenturen auf seinen 8-10 Seiten unterbringen. Ergebnis ist dann die tägliche Resteverwertung in der Online-Ausgabe. Wenn man schon Unsummen für DPA&Co ausgibt, dann soll das ja schließlich nicht ungenutzt bleiben.
Da man sich aber auch ein wenig von der Masse absetzen will, versucht man zusätzlich noch etwas anderes als die von den Nachrichtenagenturen verbreiteten Meldungen abzudrucken. Immerhin wertet Google-News noch 699 andere Quellen aus die ebenfalls die gleichen Meldungen auf den Tisch liegen haben. Der SpOn hat oft genug gezeigt wie man ganz kostengünstig an "Premium-Content" ran kommt. Entweder abschreiben oder frei erfinden. Oder billige Redakteure beschäftigen deren zweiter Vorname
"Inkompetenz" sein könnte.
Grade in der Nachrichtenwelt stimmt der Grundsatz das Qualität ihren Preis hat. Niemand kann 6 Wochen für einen 500 Worte Beitrag recherchieren und sich dann mit 60 Cent/Wort zufrieden geben. Online-Journalismus ist also Bezahl-Content, Zuschussgeschäft oder ganz einfach vom Niveau her aus der untersten Schublade. Manchmal auch alles drei zusammen.

Und die Weblogs? Alleine mit einem Weblog Geld verdienen dürfte weiterhin illusorisch bleiben. Jörg Kantel "verdient" 255 Euro/Monat mit Werbung. Er hat aber auch bis zu 200tsd PV/Tag. Bis jetzt. Denn bis jetzt ist er einer der wenigen die ihr Blog vermarkten. Werden es mehr Blogger, ggf. auch mit besseren Marketing / Inhalt, dann wird das auch ein Schockwellenreiter zu spüren bekommen. Und zwar anhand von sinkenden Klickzahlen. Man kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Es werden auch nicht
über Nacht mehr Surfer und Blogleser nur weil jetzt ein paar anfangen ihre Blogs zu vermarkten.
Den Bloggern bleibt also nichts anderes übrig als das nötige Geld auf andere Art und Weise zu verdienen. Letzten Endes bedeutet dies, Hardware verkaufen: Bücher, CDs, T-Shirts und Eintrittskarten für Veranstaltungen. Ein Weblog kann hier sehr hilfreich sein um das Marketing anzukurbeln. Es kann auch helfen den einen oder anderen Euro über Werbung und Bezahl-Content einzunehmen. Doch es wird niemals die Haupteinnahmequelle sein können. Dazu ist die Gratis-Konkurenz einfach zu groß. Überhaupt wird
es schwer sein in den bestehenden Markt an Nachrichtenanbieter einzudringen und ihn auch noch aufzumischen. Denn ein Weblog kann auch nicht viel mehr bieten als Nachrichten, egal ob als Text, Podcast oder Video-Blogging. Hier müssten sich die Weblogs erst einmal gegen die bestehende Konkurenz aus Zeitung, Radio und TV durchsetzen. Sehr schwer. Denn lesen können die meisten, ein Radio und TV haben auch sehr viele. PC mit Internetanschluss hingegen ist grade einmal in 20-30% der deutschen
Haushalte vertreten. Und von denen lesen auch nicht alle Weblogs.

So sieht es aus wenn die Seifenblasen "Traum & Idee" an Reichweitenproblemen zerplatzen.

 

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querformat - 15. Jun, 20:34

Volle Zustimmung

Das Internet verkommt leider mehr und mehr zur Müllhalde.

------------------------------
Themenwechsel:
Was ist denn jetzt schon wieder mit WVS und dir los? Ich dachte, da wäre endlich Ruhe.
Sehr bedauerlich, der Kleinkrieg, den ihr euch da leistet. Naja, ich überlese es in Zukunft und fertig. Deine anderen Beiträge sind nach wie vor interessant.
Beste Grüsse
Querformat

Muh-Tiger - 15. Jun, 21:28

Eine Müllhalde war das Internet schon immer. So ganz auf seine Art halt. Das ist ja soweit auch ok, jeder muss sich halt die Perlen selber raus suchen.
Aber der Versuch mit dem Internet Geld zu verdienen ... ich finde das mittlerweile nur noch "putzig". Klar kann man mit dem Internet Geld verdienen, dass bestreite ich im Grundsatz ja nicht. Aber aus einer kostenlosen Veranstaltung plötzlich eine kostenpflichtige zu machen, das hat immer einen bitteren Nachgeschmack. Und diejenigen die nun Geld damit verdienen wollen, werden früher oder später auch die Ablehnung zu spüren bekommen.
Ich habe es selber mal mitgemacht als ich mit ein paar anderen aus einer kostenlosen Veranstaltung eine kostendeckende Sache machen wollte. Plötzlich war nämlich die Bereitschaft etwas dafür zu bezahlen weg. Internetnutzer sind sehr mobil. Grade wenn es darum geht von kostenpflichtigen zu kostenlosen Angeboten zu wechseln.

Zum Themenwechsel:
Mit mir ist nichts los. Aber es stößt nun einmal bei mir sehr sauer auf wenn ich plötzlich meine private (!) Korrespondenz im Internet wiedre finde. Der Kuchen mit Wolfgang von Sulecki ist gegessen. Der Rest findet über Anwälte und ggf. vor Gericht statt. Hier wird es nichts mehr zu den Thema geben.
Tag #7109

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