Muh-Tiger | 24. Jan, 05:02
Noch was
Es gab eine Zeit, da eskalierte jede von meiner Mutter zubereitete Speise zu einem Abenteuer. Es muss ungefähr die Zeit gewesen sein, in der sie in den Wechseljahren war. Ihr Geschmackssinn verabschiedete sich von einen auf den anderen Tag und mit dem verschwundenem Geschmacksinn, entdeckte sie plötzlich ihre Vorliebe für Experimente mit Gewürzen. Hauptsächlich mit pfeffrigen Gewürzen.
Es war also die Zeit, in der neben dem Esstisch schon einmal prophylaktisch ein Kasten Wasser bereit gestellt wurde. Die Zeit in der selbst Asiaten, welche für ihre scharf gewürzten Speisen bekannt sind, einen großen Bogen um unsere Küche machten. Denn sie befürchteten alleine von den Kochdünsten Schweißperlen auf der Stirn und ein sattes Brennen auf der Zunge zu bekommen.
Es war ja auch nicht grade mit einem sehr geringem Risiko behaftet, brachte man den Mut auf und schob sich eine Gabel, voll mit Speise aus Mutters Küche, in den Mund. So reichte das Spektrum der Gefühlswellen von Party auf der Zunge bis hin zu Feuer direkt aus dem Höllenschlund.
Während meine Frau Mutter oftmals mit einem "Was ist denn los?" Blick am Tisch saß, quittierten wir übrigen, den Verzehr der Speisen mit "Uh-Oh-Ah-WasserWasserWasser" Blicken und reichlich Schweißperlen auf der Stirn.
So wurde jede warme Speise zu einem Abenteuer zwischen Genuss und Verlust der Geschmacksknospen.
Grade eben habe ich mir noch auf die Schnelle einen Nudelsalat nach Art des Hauses zubereitet. Natürlich muss der ein wenig gewürzt und abgeschmeckt werden. Und, oh Gott, ich glaube, ich bin in den Wechseljahren. Oder zumindest kurz davor.
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