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12
Aug
2005

Zerrüttet, nicht gerührt


Es ist Wa(h)lkampf. Dies kann man am ehesten daran merken, dass Politiker mit Worten wild und unbedacht um sich werfen. Der letzte der es tat, war Edmund Stoiber. Das was er gesagt hat, hat mich weniger überrascht als das was nun in den darauf folgenden Tagen dazu gesagt wurde. Es war wirklich nichts überraschendes was Stoiber da von sich gegeben hatte. Früher waren Ausländer und das Asylrecht Ziel seines Wortgeschwalles. Gestern waren es halt die Ostdeutschen und alle Nicht-Bayern. Wesentlich überraschender waren die Reaktionen auf seine neuerlichen Ergüsse. Außerhalb des Wahlkampfes hat man Stoibers Parolen und Ausrutscher kurzfristig kritisiert und dann ignoriert. Zu unwichtig die Meinung einer Bayrischen Randerscheinung mit Clownscharakter.
Doch jetzt ist, wie schon erwähnt, Wa(h)(lkampf. Und wie in jedem Wa(h)lkampf aufs Neue, die ewigen Schauspiele der Machtdemonstration. Im letzten Wa(h)lkampf hatte Franz Müntefering noch gegen die "Heuschrecken" gewettert. Wirklich angegriffen hatte er mit seinen Äußerungen allerdings nicht die kritisierten Unternehmen. Diese mussten sich wohl kaum Sorgen machen. Denn derjenige der eigentlich mit Münteferings Heuschreckenalarm angegriffen wurde, dass war Gerhard Schröder und seine Agenda 2010. Die Agenda 2010 der Bundesregierung setzt schließlich auf ein Miteinander mit den Unternehmen. Müntefering wetterte offen gegen die Unternehmen.
Auf den ersten Blick hat Müntefering mit seinen Äußerungen der SPD und somit Gerhard Schröder geschadet. Normalerweise hätte man einen solch abtrünnigen Parteigenossen absägen müssen. Franz Müntefering blieb aber verschont. Denn Münteferings Angriff gegen die Unternehmen gab Gerhard Schröder die Gelegenheit zu zeigen wer in der Partei das Sagen hat. Wa(h)lkampftaktik nennt man so was manchmal auch.
Eine Partei die regieren will, braucht eine starke Führungspersönlichkeit. Schließlich muss der "Chef" eine ganze Horde von machtsüchtigen Parteimitgliedern unter Kontrolle halten. Einer der dies war, war Helmut Kohl. Unter Helmut Kohl gab es solche Machtkämpfe eher selten. Kohl verstand es die Aufsässigen schon im Keim zu ersticken, seine Ziehkinder in die richtige Position zu bugsieren und sich mit ebenbürtigen Konkurrenten, Franz-Josef Strauss zum Beispiel, zu arrangieren. Ein Talent welches Helmut Kohl ermöglichte immerhin 16 Jahre als Bundeskanzler zu regieren.
Gerhard Schröder versucht es auf seine Weise. Am Tag nachdem jemand ihn oder seine Politik kritisiert hat, sieht man Gerhard Schröder oft die Ärmel hochgekrempelt hinterm Rednerpult, den Zuhörern versichernd das er und nur er der einzige ist der sagt in welche Richtung die Partei zu gehen hat. Wenn diese Pose nichts geholfen hat, dann hat Schröder es hinter verschlossenen Türen krachen lassen und mit der Faust auf den Tisch gehauen. Natürlich blieben die Türen für Journalisten immer einen Spalt breit offen damit diese es in die Welt hinausposaunen konnten wie stark der Kanzler doch sei. Half auch das auf den Tisch hauen nicht, drohte Schröder ganz gerne mal mit Rücktritt. Das der Rücktritt von Gerhard Schröder das Ende der SPD-Regierung bedeutet hätte, war jedem klar. Und da mit dem Abgang von Gerhard Schröder auch seine Kritiker von der Bühne verschwunden wären, schwenkten sie spätestens an diesem Punkt wieder auf die übliche Parteilinie ein. Machtbesessenheit macht so manchen weich.
Das Gerhard Schröder schon lange nicht mehr die Zügel in der Hand hatte, wurde deutlich wenn man sich betrachtet wie oft er zu dem letzten Mittel greifen musste um seine Kritiker zum Schweigen zu bringen.

Schaut man sich jetzt noch einmal die Äußerungen von Edmund Stoiber an, dann kann man zwischen den Zeilen lesen wen er eigentlich angegriffen hatte. Weder die Ostdeutschen an sich, noch die Nicht-Bayern allgemein. Sondern Angela Merkel als Ostdeutsche und die CDU als nicht bayrischen Partner der CSU.
Edmund Stoiber fordert Angela Merkel heraus. Es war schon erstaunlich das Angela Merkel an Stelle von Edmund Stoiber Kanzlerkandidatin wurde. Stoiber hatte sich zwar die Kanzlerkandidatur durch etliche Ausrutscher verprasselt, trotzdem ist er das Urgestein der Politik, der unumstrittene Führer der CSU und der Ministerpräsident von Bayern.
Angela Merkel ist hingegen Helmut Kohls Ziehkind. Das alleine dürfte ihr die Kanzlerkandidatur eingebracht haben. Hemlut Kohl ist immer noch eine der Personen, die sehr großen Einfluss in der CDU haben. Auch wenn er selber nicht mehr öffentlich auftritt, seine politischen Ziehkinder sind sein verlängerter Arm im Bundestag.
Mancher mag nun meinen dass dies eine gewagte Theorie sei. Doch etliche Ministerpräsidenten stärken direkt oder indirekt Edmund Stoiber den Rücken. Wäre Angela Merkel aus eigener Kraft in die Position der Kanzlerkandidatin gekommen, würde sie mehr Rückhalt aus der Partei erfahren. Doch anstatt sich ausdrücklich und nachhaltig von Stoiber zu distanzieren, geht Angela Merkel erneut auf Versöhnungskurs mit Stoiber. Sie betonte: "Stoiber und ich können nur gemeinsam gewinnen.".
Angela Merkel zeigt in diesen Tagen, dass sie noch lange nicht in der Position ist Kanzlerin zu werden. Würde sie die Wahl gewinnen, wäre sie auf Ewig in Diskussionen über den Kurs der Regierung verwickelt und letzten Endes darauf angewiesen Kompromisse einzugehen. Angela Merkel ist kein Gerhard Schröder und schon lange kein Helmut Kohl. Sie ist nicht die Führungspersönlichkeit die die Zügel in der Hand hat und sagt wo es lang geht. Sie ist anscheinend nicht einmal in der Lage mit der Faust auf den Tisch zu hauen und klare Fakten zu schaffen.

Eine Kompromissregierung ist das letzte was dieses Land nun gebrauchen kann. Auch wenn die CDU/CSU immer wieder betont das sie eine Politik der klaren Entscheidungen führen möchte, so zeigt es sich in diesen Tagen das die CDU/CSU gar nicht in der Lage ist ein solches Versprechen einzuhalten. Ein Land das in den Köpfen auch nach 16 Jahren nicht zusammengewachsen ist, kann schlecht von einem Parteienbündnis aus 3 Parteien (CDU, CSU und FDP) geführt werden das innerlich so zerstritten ist, dass es seine Wahlversprechen schon während des Wa(h)lkampfes selber widerlegt.
Eigentlich kann man nur noch hoffen, dass die Wähler von der Diskussion über die Polemik eines Edmund Stoibers weg kommen und sich genau anschauen was sie da wählen wenn sie ihr Kreuz bei der CDU/CSU machen. C steht für Chaotisch, nicht für Christlich.

 

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